Die Netz-Katastrophe

Ein neues Lädchen mit dem logo meines Providers in der Passage. Es ist nur ein einziger Kunde mit Hund zu sehen. Ich nutze die Gunst des Moments, für eine Auskunft nicht Schlange stehen zu müssen, und trete ein. Der junge Mann hinter dem Ladentisch blickt kurz auf und kommentiert meinen Radfahrer-Outfit: „Es regnet nicht“. – „Noch nicht“, erwidere ich. Er wirkt fahrig, während er telefoniert. Es geht darum, ob ein bestimmtes Android-Telefon auf Thailändisch zu bedienen ist. Ich richte mich auf eine längere Wartezeit ein, doch es geht ganz schnell. Der Kunde hinterlässt seine Telefonnummer, die der Verkäufer auf einem A4-Bogen notiert, und führt sein Hündchen hinaus. Ich bin an der Reihe und bringe mein Anliegen vor, dabei habe ich das deutliche Gefühl, dazu beizutragen, dass der junge Mann immer nervöser wird. „Ich komme nicht ins Internet“. Anklagend deutet er auf einen Stapel von beschriebenem Papier. „Das hat sich alles angesammelt. Ich glaube, ich muss den Laden jetzt erst mal schließen“. Irgendwie ahne ich eine Katastrophe. „Ich warte nur darauf“, sage ich, „dass die Elektronik eines Tages ganz zusammenbricht. Dann schreiben wir statt Emails alle wieder Briefe“. – „Wenn jetzt irgendwo in der Nähe eine Atombombe explodiert“, antwortet er, „brechen in der Tat sämtliche Netze zusammen“. – „Dann schreiben wir aber auch keine Briefe mehr“, stelle ich fest. „Dann“, sagt er so entschlossen, als habe er für diesen Fall bereits seine Vorkehrungen getroffen, „esse ich alles auf, was ich im Kühlschrank habe, und anschließend erschieße ich mich“. Beeindruckt trete ich auf die Straße, wo gerade ein heftiger Regenguss niedergeht und frage mich, ob es das Wetter ist, das manche Menschen gelegentlich in eine Weltuntergangsstimmung treibt. – Am nächsten Morgen, als ich die Nachrichten auf dem Bildschirm lese, wird mir alles klar. Seinem Arbeitgeber sind zwei Millionen Kundendaten gestohlen worden.